Körperliche Aspekte eines psychischen Schocks

Lösung von Posttraumatischen Belastungen (PTBS) durch Körperpsychotherapie

Traumatisierter Soldat mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) benötigt Trauma-Therapie

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die sich nach dem Erleben oder Zeugen eines traumatischen Ereignisses entwickeln kann. Nicht jedes traumatische Ereignis verursacht eine PTBS. Wichtig ist, wie die Person nach dem traumatischen Ereignis (Schock) unterstützt wird.

Dieser Artikel untersucht, wie traumatische Erfahrungen zur Entwicklung einer PTBS führen und wie Körperpsychotherapie dabei helfen kann, PTBS-Symptome zu überwinden.

Traumatische Ereignisse und PTBS

Schock-Ereignisse

Posttraumatische Belastungsstörungen gehen zurück auf Schock-Ereignisse. Dies sind Erfahrungen, in denen es tatsächlich oder subjektiv wahrgenommen um das Überleben geht. D.h., belastende Ereignisse, „mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß“ (ICD-10). Diese psychologischen Schocks sind Erlebnisse, die „zu viel, zu schnell, zu plötzlich“ hereinbrechen und daher nicht leicht bewusst verarbeitet werden können.

Aktivierung von Überlebensinstinkten

Da es in einer solchen dramatischen Situation um das (gefühlte) Überleben geht, ist eine hohe Aktivierung des ganzen Körpers erforderlich. Unsere Überlebensmechanismen übernehmen, D.h., unsere Instinkte und automatische Fähigkeiten kommen zur Anwendung. Der Körper bereitet sich darauf vor, schnell zu reagieren und entweder Kampf oder Flucht (Fight or Flight) zu ermöglichen.

„Das Trauma ist im Nervensystem und im Körper und nicht im Ereignis“

Trauma ist eine hoch-aktivierte unvollständige biologische Reaktion, die über die Zeit eingefroren ist.“

Dr. Peter Levine Trauma Researcher & Developer of Somatic Experiencing in Somatic experiencing: using interoception and proprioception as core elements of trauma therapy

Körperliche Aktivierung als Reaktion auf ein Ereignis

Biologisch ist das Ziel der hohen Aktivierung, viel Energie zu mobilisieren, um das Überleben zu sichern. Die körperliche Reaktion besteht aus hohen Erregungszuständen des autonomen Nervensystems für Kampf oder Flucht und anschließende Rückkehr in eine sichere Umgebung. Dabei besteht Sicherheit vor allem im körperlichen Überleben und gutem sozialen Kontakt zu sicheren Personen.

  • Flucht – Die Person würde in Sicherheit fliehen und bei der Flucht (Weglaufen) die Energie verbrauchen.
  • Kampf – Alternativ könnte die Energie im Kampf verbraucht werden, auch danach könnte die Person wieder in die Sicherheit zurückkehren.

Wie sich Trauma körperlich manifestiert

„Trauma ist nicht das, was uns passiert, sondern das, was wir in Abwesenheit eines einfühlsamen Zeugen in uns halten.“

Dr. Peter Levine Trauma Researcher and Developer of Somatic Experiencing

Eine „Traumatisierung“ bzw. die Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entstehen, wenn die hohe Aktivierung nicht ausreichend verstoffwechselt wird (die Energie wird nicht verbraucht) und / oder nach Flucht / Kampf keine zeitnahe Rückkehr in sicheren sozialen Kontakt möglich ist.

In diesem Fall bleibt die hohe Energie im Körper und Nervensystem gebunden und der hohe Stresszustand wirkt weiter. Dies kann langfristige Effekte auf Körper und Seele haben.

Wenn die Schock-Energie im Körper gebunden bleibt, speichert der Körper quasi die Erinnerung an seine Reaktion auf das traumatische Ereignis. Damit besteht die Gefahr für den Körper fort und das Nervensystem bleibt in andauernder Alarmbereitschaft. Gleichzeitig bleiben ggf. einzelnen Muskeln oder Muskelgruppen in Anspannungs- oder Erschlaffungsmustern gefangen. Als Reaktion darauf kommt es zu Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung (Traumasymptome).

Dies ist für Menschen in der modernen Welt häufig der Fall. Wenn Flucht oder Kampf nicht möglich ist, werden die Überlebensenergien nicht genutzt. Gleichzeitig fehlt vielfach ein breiteres soziales Netzwerk zum Auffangen des Schocks, da nahe Angehörige oft selbst betroffen sind.

Bei in der Natur lebenden Tieren kommt es seltener zu Traumatisierungen. Einerseits leben sie (ohne Kultur und Technik) näher an den typischen Gefahren, denen ihr Körper in der Evolutionsgeschichte ausgesetzt war und d.h. auch dass Beutetiere oft Raubtieren zum Opfer fallen (und nicht gerettet werden). Wenn das Tier sich aus der Situation befreien kann, wird sich die hohe traumatische Energie tatsächlich in Flucht oder Kampf entladen, bzw. nach dem Aufwachen aus der Immobilität körperlich abzittern.  Danach kehren das Tier ins sichere Rudel (und nicht in die Wohnung / Kleinfamilie) zurück.

Wenn die hohe Aktivierung im Schock-Ereignis nicht verbraucht bzw. in sicherer Umgebung abgebaut werden kann, bleibt der Stress im Körper stecken.

Beispiel: Autounfall

Hier liegt zunächst eine körperliche Traumatisierung vor, die zu körperlichen Verletzungen führt. Die moderne Medizin vollbringt Wunder in der Lebensrettung und in der Behandlung des Körpers, trotzdem kann eine psychische Traumatisierung entstehen:

  • Es ist kein Weglaufen oder kein Kampf mit dem Auto möglich, der Unfall kommt gänzlich unerwartet.
  • Die Abwehrbewegungen (z. B. Schutz vor dem Aufprall) sind oft noch nicht abgeschlossen.
  • Beim Krankentransport wird der Körper ruhig gestellt, die hohe physiologische Energie kann nicht durch Bewegung entladen werden.
  • Bei der Behandlung im Krankenhaus ist oft keine liebevolle sichere Person zugegen und es ist kein zeitnahes Gefühl von sicherem Kontakt möglich.

Daher bleibt manchmal die traumatische Energie im Körper gespeichert. Dies kann sich dann in Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (z.B. hohe Erregung, Schlafstörungen, wiederkehrende Erinnerungen und Vermeidung der Situation) äußern.

Beispiel: Krankenhausaufenthalt in der Kindheit

Bei Krankenhausaufenthalten im Kindesalter ist oft das Fehlen eines liebevollen Elternteils oder einer anderen Bezugsperson das eigentliche Problem. Das Kind verbleibt allein im Krankenhaus, möglicherweise bei einer schweren Krankheit oder nach einem Unfall.

  • Das Kind könnte in dieser Situation starke Angst vor dem Verlassen werden entwickeln.
  • Das Ausagieren des hohen Aktivierungszustandes der Angst vor dem Verlassen werden ist dem Kind nicht möglich, da ein Wutanfall zu weiterer Ablehnung durch das Krankenhauspersonal führen würde.
  • Damit bleibt das Kind in seiner Traumatisierung allein und auch eine Rückkehr in die sichere Bindung ist nicht zeitnah möglich.

Im Ergebnis könnte Vertrauen ggü. den Eltern, die das kind vermeintlich allein gelassen haben, verloren gegangen sein. Derartige frühe Traumatisierungen können Beziehungen zu Menschen insgesamt beeinträchtigen und Glaubensätze über sich selbst („ich bin es nicht wert“) oder die Welt („die Welt ist grausam“) noch Jahrzehnte später überlagern. Auf der körperlichen Ebene manifestieren sich oft Symptome eines überaktivierten Nervensystems (z.B. Bluthochdruck, Herzbeschwerden, etc.)

Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sind die Nachwirkungen eines ungelösten Schocks im Körper und im Nervensystem.

Wie Körper-Psychotherapie helfen kann, das Trauma zu überwinden

Körperpsychotherapie kann helfen, PTBS zu überwinden, ohne endlos über die Erfahrung sprechen zu müssen und ohne den Schmerz des Traumas erneut zu erleben. Körperpsychotherapeutische Methoden wie Bodynamic® und Somatic Experiencing® sind besonders geeignet, um im Körper gespeicherte Traumata zu lösen. Sie können traumatische Ereignisse verarbeiten und dadurch Symptome wie Flashbacks, Alpträume und Angst reduzieren. Dies ermöglicht es, PTBS-Symptome zu lösen, nach einem Trauma voranzukommen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.

Überblick

Techniken der Körperpsychotherapie arbeiten mit den folgenden Schritten, um Traumata aus dem Körper zu lösen:

Schritt 1

Energie-Management

Bewältigung der PTBS-Symptome und Beruhigung des Nervensystems

Schritt 2

Körper-Ich stärken

Eigene Grenzen aufbauen, erden und zentrieren

Schritt 3

Körper aufwecken

Nervensystems und schlaffe Muskeln aufwecken – gesunde Spannung und Energie schaffen

Schritt 4

Biologische Komplettierung

Vervollständigung von Trauma-Reaktionen und -Bewegungen

Schritt 5

Neu-Positionierung für Wachstum

Neupositionierung in Richtung Leben und posttraumatisches Wachstum

Energiemanagement – Bewältigung der PTBS-Symptome und Beruhigung des Nervensystems

  • Der Stress des Schocks hat das normale Toleranzfenster überschritten, in dem wir Stress ohne Unbehagen bewältigen können. Die Angst vor dem erneuten Erleben hält uns in einem Zustand der übertriebenen Wachsamkeint (Hypervigilanz). Wir sind auch mit normalen Reizen übertrieben schreckhaft.
  • In der körperorientierten Trauma-Psychotherapie geht es oft zunächst darum, das Nervensystem zu beruhigen und neue Sicherheit in uns zu finden. Dazu gehört auch der Aufbau von Bewältigungsstrategien, d.h. Techniken zum Umgang mit PTBS-Symptomen wie Flashbacks.
  • Darüber hinaus ist es wichtig, Sicherheit im Alltag zu finden – echte sichere Orte zu finden und sich mit sichereren Menschen zu verbinden.

Das Körper-Ich stärken – Grenzen aufbauen, erden und zentrieren

  • Als Folge des Traumas haben wir lebenswichtige Funktionen unseres Körper-Ichs und Körperbewusstseins verloren:
    • Oft wird der Körper nicht mehr als sicher erlebt (z.B. war er nicht in der Lage, uns während des Schocks zu schützen, er kann aufgrund von körperlichen Verletzungen voller Schmerzen sein).
    • Unsere Grenzen wurden verletzt (z. B. unser Körper wurde verletzt).
    • Unser Realitätssinn ist erschüttert (z.B. wie ist das möglich, dass uns das passiert) – wir haben unsere Erdung und unsere alte Realität verloren.
    • Wir haben unsere Mitte verloren – es fühlt sich an, als könnten wir unseren inneren Impulsen nicht mehr vertrauen.
  • Körperpsychotherapie zielt darauf ab, sanft wieder mehr Körperbewusstsein zu entwicklen.

Den Körper Aufwecken – Gesunde Energie und Spannung im Körper aufbauen

  • Als Teil des Traumas kann unser Nervensystem oder ein Teil unseres Körpers aufgegeben haben. Das Ergebnis sind individuelle schlaffe Muskeln und allgemein mangelnde Energie. Dies ist eine schützende Reaktion auf eine drohende unvermeidbare Gefahr, wenn Kämpfen, Flüchten oder Verhandeln nicht mehr möglich ist.
  • Während der Körperpsychotherapie kann das Nervensystem geweckt werden, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Kollabierte Muskeln werden sanft aufgefordert, wieder aktiv zu werden.
  • Im Erfolgsfall führt dies oft zum nächsten Schritt, der biologischen Vollendung von Bewegungen oder Aktivierungszuständen.

Biologische Vervollständigung – Bewegungen und Reaktion des Nervensystems

  • Die physiologische Reaktion auf den Schock (Muskelspannung, hohe Aktivierung des Nervensystems) folgt einem bestimmten Muster, das manchmal unterbrochen wird. – In diesem Fall bleibt das Trauma im Körper stecken.
  • In der Körperpsychotherapie können diese Sequenzen ergänzt werden. – Sei es durch das Lösen der Aktivierung des Nervensystems (langsam Stück für Stück oder durch schnelle Bewegungen wie z. B. Weglaufen vor der Angst) oder durch das Vollenden der Schutzbewegungen.

Neupositionierung in Richtung Leben und posttraumatisches Wachstum

  • Die Konzentration auf Traumasymptome und das vergangene Ereignis lenkt uns oft von den Herausforderungen und Chancen unseres heutigen Lebens ab.
  • Körperpsychotherapie kann helfen, sich selbst neu zu positionieren, hin zu Wachstum und Möglichkeiten. Du kannst wieder lernen, deinen Impulsen zu vertrauen und Entscheidungen treffen, was du im Leben willst, und dich dann entsprechend positionieren.